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35. Verfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen

(wie von der 9. Vollversammlung, Porto Alegre, Brasilien, Februar 2006, abgeändert)

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VERFASSUNG

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I. Basis

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Der Ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
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II. Mitgliedschaft

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Mitglied der Gemeinschaft des Ökumenischen Rates der Kirchen können alle Kirchen werden, die ihre Zustimmung zu der Basis erklären, auf welcher der Ökumenische Rat gegründet ist, und die die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft erfüllen, welche von der Vollversammlung oder dem Zentralausschuss festgelegt werden. Der Zentralausschuss prüft Anträge auf Mitgliedschaft in Übereinstimmung mit Satzungsartikel I.
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III. Ziele und Funktionen

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Der Ökumenische Rat der Kirchen wird von den Kirchen gebildet, um der einen ökumenischen Bewegung zu dienen. Er führt die Arbeit der weltweiten Bewegungen für Glauben und Kirchenverfassung und für Praktisches Christentum sowie des Internationalen Missionsrates und des Weltrates für christliche Erziehung weiter.
Das Hauptziel der Gemeinschaft der Kirchen im Ökumenischen Rat der Kirchen besteht darin, einander zur sichtbaren Einheit in dem einen Glauben und der einen eucharistischen Gemeinschaft aufzurufen, die ihren Ausdruck im Gottesdienst und im gemeinsamen Leben in Christus findet, durch Zeugnis und Dienst an der Welt, und auf diese Einheit zuzugehen, damit die Welt glaube.
In ihrem Streben nach koinonia im Glauben und Leben, Zeugnis und Dienst, bekunden die Kirchen ihren Willen, durch den Rat
  • das im Gebet getragene Streben nach Vergebung und Versöhnung in einem Geist der gegenseitigen Rechenschaft, die Entwicklung engerer Beziehungen durch den theologischen Dialog und das Miteinanderteilen menschlicher, geistlicher und materieller Ressourcen zu fördern;
  • das gemeinsame Zeugnis an jedem Ort und überall zu erleichtern und einander in der Wahrnehmung ihrer missionarischen und evangelistischen Aufgaben zu unterstützen;
  • ihrer Verpflichtung zur diakonia Ausdruck zu verleihen, indem sie Menschen in Not dienen, die die Menschen trennenden Schranken niederreißen, das Zusammenleben aller Menschen in Gerechtigkeit und Frieden fördern und die Ganzheit der Schöpfung bewahren, damit alle Menschen die Fülle des Lebens erfahren können;
  • durch Bildungs- und Lernprozesse und durch die Förderung von im jeweiligen Kontext verwurzelten Vorstellungen vom Leben in der Gemeinschaft dazu beizutragen, daß sich ökumenisches Bewußtsein entfaltet;
  • einander in ihren Beziehungen zu und mit Menschen anderer Glaubensgemeinschaften zu unterstützen;
  • Erneuerung und Wachstum in Einheit, Gottesdienst, Mission und Dienst zu fördern.
Zur Stärkung der einen ökumenischen Bewegung wird der Rat
  • Beziehungen zu und unter den Kirchen pflegen, speziell innerhalb, aber auch außerhalb seiner Mitgliedschaft;
  • Beziehungen zu nationalen Räten, regionalen Kirchenkonferenzen, Organisationen der weltweiten christlichen Gemeinschaften und anderen ökumenischen Organisationen aufnehmen und aufrechterhalten;
  • ökumenische Initiativen auf regionaler, nationaler und örtlicher Ebene unterstützen;
  • die Vernetzung ökumenischer Organisationen erleichtern;
  • auf den Zusammenhalt der einen ökumenischen Bewegung in ihren vielfältigen Ausdrucksformen hinarbeiten.
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IV. Vollmacht

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Der Ökumenische Rat der Kirchen übt eine beratende Funktion aus und bietet Möglichkeiten für ein gemeinsames Vorgehen in Fragen von allgemeinem Interesse.
Er kann im Auftrag von Mitgliedskirchen nur in solchen Angelegenheiten handeln, die ihm eine oder mehrere Kirchen übertragen, und nur im Namen dieser Kirchen.
Der Ökumenische Rat besitzt keine gesetzgebende Gewalt über die Kirchen. Er handelt auch in keiner Weise in ihrem Namen, außer in den erwähnten oder von den Mitgliedskirchen künftig festgelegten Fällen.
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V. Organisation

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Der Ökumenische Rat übt seine Funktionen aus durch die Vollversammlung, den Zentralausschuss, den Exekutivausschuss und sonstige nachgeordnete Organe, die nach Bedarf eingesetzt werden.
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1. Vollversammlung

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  1. Die Vollversammlung ist das oberste legislative Organ, das an der Spitze des Ökumenischen Rates steht und in der Regel alle sieben Jahre zusammentritt.
  2. Die Vollversammlung besteht aus den offiziellen Vertretern und Vertreterinnen1# der Mitgliedskirchen, den Delegierten. Sie werden von den Mitgliedskirchen gewählt.
  3. Die Vollversammlung hat folgende Aufgaben:
    1)
    Wahl des Präsidenten oder der Präsidenten des Ökumenischen Rates;
    2)
    Wahl von höchstens 145 Mitgliedern des Zentralausschusses aus der Mitte der Delegierten, die die Mitgliedskirchen in die Vollversammlung gewählt haben;
    3)
    Wahl von höchstens fünf Zentralausschussmitgliedern aus der Mitte der Vertreter, die von Kirchen in die Vollversammlung gewählt worden sind, die dem Kriterium der Größe nicht entsprechen und denen die Mitgliedschaft nicht aus besonderen Gründen zuerkannt wurde;
    4)
    Festlegung der allgemeinen Arbeitsschwerpunkte des Ökumenischen Rates und Überprüfung der Programme, die zur Umsetzung der vorher festgelegten Schwerpunkte durchgeführt werden;
    5)
    Delegierung bestimmter Aufgaben an den Zentralausschuss, ausgenommen Änderungen dieser Verfassung und der Sitzverteilung innerhalb des Zentralausschusses, die verfassungsgemäß ausschließlich der Vollversammlung vorbehalten sind.
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2. Zentralausschuss

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  1. Der Zentralausschuss ist verantwortlich für die Ausführung der von der Vollversammlung angenommenen Arbeitsschwerpunkte; er nimmt die Aufgaben der Vollversammlung wahr, die diese ihm für die Zeit zwischen den Tagungen überträgt. Ausgenommen hiervon sind die Befugnisse, diese Verfassung zu ändern, Sitze im Zentralausschuss zu verteilen oder die Sitzverteilung zu ändern.
  2. Der Zentralausschuss besteht aus dem bzw. den Präsidenten des Ökumenischen Rates der Kirchen und höchstens 150 stimmberechtigten Mitgliedern.
    1)
    Bis zu 145 Mitglieder werden von der Vollversammlung aus der Mitte der Delegierten gewählt, die die Mitgliedskirchen in die Vollversammlung gewählt haben. Die Vollversammlung setzt die Zahl dieser Zentralausschussmitglieder für die Mitgliedskirchen fest unter angemessener Berücksichtigung der Größe der im Rat vertretenen Kirchen und Konfessionen, der Zahl der Kirchen jeder Konfession, die Mitglied des Rates sind, einer ausgewogenen geographischen und kulturellen Vertretung sowie einer angemessenen Vertretung der Hauptanliegen des Rates.
    2)
    Bis zu fünf Mitglieder werden von der Vollversammlung aus der Mitte der Vertreter gewählt, die von Kirchen in die Vollversammlung gewählt worden sind, die dem Kriterium der Größe nicht entsprechen und denen die Mitgliedschaft nicht aus besonderen Gründen zuerkannt wurde.
    3)
    Wird im Zentralausschuss zwischen den Tagungen der Vollversammlung ein Sitz frei, so besetzt der Zentralausschuss diesen Sitz im Einvernehmen mit der Kirche, der das ehemalige Mitglied angehörte.
  3. Zusätzlich zu den oben unter a) aufgeführten allgemeinen Kompetenzen besitzt der Zentralausschuss folgende Befugnisse:
    1)
    Wahl des Vorsitzenden und des oder der stellvertretenden Vorsitzenden aus der Mitte der Mitglieder des Zentralausschusses;
    2)
    Wahl des Exekutivausschusses aus der Mitte der Zentralausschussmitglieder;
    3)
    Wahl der Ausschüsse, Kommissionen und Kuratorien;
    4)
    auf Empfehlung des Programmausschusses Einleitung und Beendigung von Programmen und Aktivitäten sowie Festlegung von Prioritäten für die Arbeit des Rates im Rahmen der von der Vollversammlung angenommenen Arbeitsschwerpunkte;
    5)
    Annahme des Haushalts des Ökumenischen Rates und Sicherstellung seiner Finanzierung;
    6)
    Wahl des Generalsekretärs und Wahl oder Ernennung der Mitarbeiter des Ökumenischen Rates bzw. Vorkehrungen für deren Wahl oder Ernennung;
    7)
    Planung der Tagungen der Vollversammlung, Vorbereitung zur Erledigung ihrer Geschäfte, der Durchführung von Gottesdiensten und Studien sowie dieVerwirklichung des gemeinsamen christlichen Engagements. Der Zentralausschuss bestimmt die Anzahl der Vollversammlungsdelegierten und verteilt die Sitze auf die Mitgliedskirchen unter angemessener Berücksichtigung der Größe der im Rat vertretenen Kirchen und Konfessionen, der Zahl der Kirchen jeder Konfession, die Mitglied des Rates sind, einer ausgewogenen geographischen und kulturellen Vertretung und der angestrebten Zusammensetzung aus leitenden Amtsträgern, Gemeindepfarrern und Laien, aus Männern, Frauen und jungen Menschen sowie der Teilnahme von Personen, deren Fachwissen und Erfahrungen erforderlich sind;
    8)
    Delegierung bestimmter Aufgaben an den Exekutivausschuss oder andere Organe oder Personen.
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3. Satzung des Ökumenischen Rates

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Die Vollversammlung oder der Zentralausschuss können Satzungsartikel für die Führung der Geschäfte des Ökumenischen Rates annehmen und ändern, sofern sie mit dieser Verfassung nicht unvereinbar sind.
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4. Satzungen der Ausschüsse usw.

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Die Vollversammlung und der Zentralausschuss können Satzungen für die Arbeit der Ausschüsse, Kuratorien, Arbeitsgruppen und Kommissionen annehmen und Änderungen dieser Satzungen vornehmen, sofern sie mit dieser Verfassung nicht unvereinbar sind.
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5. Beschlußfähigkeit

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Die Vollversammlung und der Zentralausschuss sind für die Erledigung ihrer Geschäfte beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist.
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VI. Andere ökumenische christliche Organisationen

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  1. Konfessionelle Weltbünde und internationale ökumenische Organisationen, die der Zentralausschuss dafür vorschlägt, können eingeladen werden, Vertreter zu den Tagungen der Vollversammlung und des Zentralausschusses in einer von letzterem zu bestimmenden Anzahl zu entsenden; diese Vertreter sind jedoch nicht berechtigt, sich an der Entscheidungsfindung zu beteiligen.
  2. Nationale Räte von Kirchen und regionale Kirchenkonferenzen sowie andere Christenräte und Missionsräte, die der Zentralausschuss dafür vorschlägt, können eingeladen werden, Vertreter zu den Tagungen der Vollversammlung und des Zentralausschusses in einer von letzterem zu bestimmenden Anzahl zu entsenden; diese Vertreter sind jedoch nicht berechtigt, sich an der Entscheidungsfindung zu beteiligen.
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VII. Verfassungsänderungen

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Die Verfassung kann mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden stimmberechtigten Delegierten der Vollversammlung geändert werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Zentralausschuss die Änderungsvorschläge vorher überprüft und mindestens sechs Monate vor der Tagung der Vollversammlung den Mitgliedskirchen zugestellt hat. Sowohl der Zentralausschuss als auch die Mitgliedskirchen sind berechtigt, derartige Verfassungsänderungen vorzuschlagen.

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1 ↑ Im Interesse der Lesbarkeit wird im folgenden nur die männliche Form der verschiedenen Ämter verwendet, wobei als selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass jede dieser Funktionen von einer Frau ausgeübt werden kann (Anm. d. Übers.).