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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:27.11.2009
Aktenzeichen:VG 05/09
Rechtsgrundlage:§ 1 Abs. 5 DSG.EKD; § 2 Abs. 4 DSG.EKD; § 7 Abs. 1 DSG.EKD; § 16 Abs. 2 Ziff. 1 DSG.EKD; § 24 Abs. 2 DSG.EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:, Amtsblatt, Datenschutz, Informationelle Selbstbestimmung, Internet, Löschung persönlicher Daten

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 27. November 2009

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Leitsatz:

  1. Zur informationellen Selbstbestimmung im kirchlichen Bereich.
  2. Zum Anspruch auf Löschung persönlicher Daten, die durch Einstellen des Amtsblatts ins Internet zur Einsicht für jedermann bereit gehalten werden (hier bejaht).
  3. Der Begriff der Beschäftigten kirchlicher Stellen in § 24 DSG.EKD ist weit auszulegen. Auch Personen, die in einem Angestellten- oder Beamtenverhältnis des Landes stehen und Religionsunterricht im Auftrag der Ev. Landeskirche erteilen, sind in diesem Sinne Beschäftigte der Landeskirche.
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In der Verwaltungsrechtssache
Frau .....
- Klägerin -
gegen
Die Evangelische Landeskirche in Württemberg,
vertr. durch den Oberkirchenrat,
dieser vertr. d. d. Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
- Beklagte -
wegen
informationeller Selbstbestimmung
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch
den Richter am Verwaltungsgericht a. D. Dipl.-Theol. Rainer E. Müller als Vorsitzenden
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt
die Dekanin Wiebke Wähling als ordiniertes Mitglied
den Pfarrer Klaus Dieterle als ordiniertes Mitglied
den Rechtsanwalt Dr. Dieter Deuschle als nichtordiniertes Mitglied
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. November am 27. November 2009
für Recht erkannt:
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Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, die auf die Klägerin persönlich bezogenen Daten zu löschen, welche von der Beklagten (oder in deren Auftrag) durch Einstellen des Amtsblattes ins Internet für jedermann zur Einsicht oder zum Abruf bereit gehalten werden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand:

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Die Klägerin wendet sich gegen die Veröffentlichung persönlicher Daten durch Einstellen des Amtsblattes der Beklagten ins Internet ohne Zugangsbeschränkung.
Die im Jahr 1963 geborene Klägerin trat am 1. September 1993 als Vikarin in den Dienst der Beklagten. Vom 1. März 1996 bis zum 30. November 2000 befand sie sich im unständigen Dienst im Pfarramt, teilweise unterbrochen durch eine Beurlaubung für eine Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei einem wissenschaftlichen Verlag. Zum 1. Dezember 2000 wurde sie in den ständigen Pfarrdienst übernommen und versah Dienste als Schulpfarrerin. Das Land Baden-Württemberg übernahm die Klägerin zum 5. September 2003 zunächst als Lehrerin im Angestelltenverhältnis, die Ernennung zur Studienrätin auf Lebenszeit erfolgte am 5. September 2004.
Das vom Evangelischen Oberkirchenrat in Stuttgart herausgegebene Amtsblatt der Beklagten enthält eine regelmäßige Rubrik „Dienstnachrichten“, unter der auch Ernennungen und Versetzungen der Klägerin bekannt gemacht wurden. Die Beklagte hat inzwischen alle ihre Amtsblätter seit dem Jahrgang 2000 im PDF-Format in eine Amtsblattdatenbank eingestellt und im Internet offen für eine Online-Recherche zur Verfügung gestellt.
Am 6. März 2009 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. März 2009 Klage erhoben wegen „Verletzung (ihres) Rechts auf informationelle Selbstbestimmung“.
Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Die Beklagte habe mehrfach personenbezogene Daten der Klägerin in ihrem Amtsblatt veröffentlicht wie zum Beispiel Ordination, Versetzung und Ernennung. Die Anlässe seien inzwischen viele Jahre vorbei. Wer sich aus der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und aus der württembergischen Pfarrerschaft heute noch dafür interessieren sollte, könne diese Informationen in der Druckfassung des Amtsblattes nachlesen. Die Beklagte habe darüber hinaus die personenbezogenen Daten als PDF-Dateien ins Internet gestellt. Die Klägerin schätze ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung höher ein als die möglicherweise der Kirche entstehende Verwaltungsvereinfachung dadurch, dass die Druckfassung des Amtsblattes vollständig und unverändert ins Internet gestellt werde. Es sei für sie nicht erkennbar, welches berechtigte Interesse die Beklagte viele Jahre nach dem berichteten Ereignis und auch viele Jahre nach dem Wechsel der Klägerin zu einem anderen Arbeitgeber heute noch haben sollte, die personenbezogenen Daten einem weltweiten Zugriff auszusetzen. Auch sei sie seit ihrem Vikariat Belästigungen durch „Stalking“ ausgesetzt. Daher mache sie von ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Gebrauch und begehre die unlesbare Schwärzung oder Entfernung aller über sie von der Beklagten ins Internet gestellten Daten. Da die Beklagte in der Vergangenheit schon mehrfach gegen ihren erklärten Willen persönliche Daten zum Beispiel dem Pfarrverein zur Verfügung gestellt habe, obwohl sie dort nie Mitglied gewesen sei, sowie Privatanschrift und Privatnummer ohne Wissen und ohne Zustimmung der Klägerin in früheren kirchlichen Adressbüchern veröffentlicht habe, habe sie den Eindruck, dass ihr Wunsch zum Schutz ihrer Daten nicht sehr ernst genommen werde. Sie stelle erneut klar, dass sie der Veröffentlichung ihrer Daten durch die Beklagte ohne ihre ausdrückliche Zustimmung widerspreche. Sie habe sich bemüht, durch Anrufung des Beauftragten für Datenschutz eine Klage zu vermeiden. Dieser habe ihr mitgeteilt, er habe leider erfolglos versucht, die Beklagte zu einer um persönliche Daten reduzierten Internetvariante des Amtsblatts zu bewegen. Seit Dezember 2003 sei das Land Baden-Württemberg ihr Arbeitgeber, insofern würden für sie die gleichen Rahmenbedingungen und Rechte wie für andere Studienrätinnen und Studienräte des Landes Baden-Württemberg gelten. Sie befürchte, wie im Einzelnen dargelegt, im Blick auf Versetzungen bzw. Bewerbungen um andere Stellen Bewerbungsnachteile durch den Umstand, dass sie als Pfarrerin gearbeitet habe. Auch bei Bewerbungen auf kirchliche Stellen sehe sie durch den Umstand, dass ihre kirchliche Berufsbiografie aus dem Internet rekonstruierbar sei, einen großen persönlichen Nachteil. Dem Argument, dass man als Pfarrerin ein öffentliches Amt begleite und daher eine Art öffentliche Person sei, wolle sie entgegensetzen, dass sie in ihrer Laufbahn nie auf einer Pfarrstelle investiert worden sei. Seit vielen Jahren sei sie Nachstellungen und Belästigungen, wie wiederum im Einzelnen dargelegt, durch Stalking ausgesetzt. Sie weise auch auf Beispiele für erlittene Verletzungen des Datenschutzes durch den Pfarrverein und in früheren Ausgaben des kirchlichen Adressbuches hin. Ihr Hauptanliegen bestehe darin, dass zwischen einer Intranetvariante und einer Internetvariante des Amtsblattes unterschieden werde, wobei in der Internetvariante mit weltweitem Zugriff auf die Bekanntgabe von Dienstaufträgen verzichtet werde, während die interne Intranetvariante der vollumfänglichen Papier-Printversion des Amtsblattes entsprechen könnte. Zum Zeitpunkt des Eintritts ins Vikariat bzw. in den Pfarrdienst bzw. beim Wechsel in den Schuldienst sei sie nicht über eine weltweite Veröffentlichung ihrer Daten im Internet informiert und auch nicht nach einer schriftlichen Zustimmung befragt worden. Wenn die Beklagte sich für Veröffentlichungen auf einen Synodalbeschluss aus dem Jahr 1855 berufe, so sei darauf hinzuweisen, dass ein weltweiter Zugriff auf personenbezogene Daten über den Zweck des Amtsblattes deutlich hinausgehe. Die Tatsache der Ordination gehe für Besetzungsgremien aus Bewerbungsunterlagen bzw. aus der Personalakte hervor, dafür sei eine Veröffentlichung im Internet nicht nötig. Selbst unter der Annahme, dass Mitglieder eines Kirchengemeinderats ein berechtigtes Interesse an diesen Informationen hätten, könne dieses Informationsbedürfnis auf anderem Wege erfüllt werden und erfordere nicht zwingend eine Veröffentlichung ohne Zugriffsregelung bzw. Zugriffsbegrenzung im Internet. Vor ihrem Eintritt in den Pfarrdienst sei ihr nicht bekannt gemacht worden, dass ihre Daten im Internet veröffentlicht würden. Eine Einwilligungserklärung zu einer solchen Veröffentlichung habe sie nicht unterschrieben. Sollte ein Bedürfnis nach Überprüfung der Ordination vorhanden sein, gebe es hierzu sinnvollerweise andere Verfahren als die Überprüfung mit Hilfe des Internets. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 3. März 2009, 15. März 2009 und 6. November 2009 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die auf die Klägerin persönlich bezogenen Daten zu löschen, welche von der Beklagten (oder in deren Auftrag) durch Einstellen des Amtsblattes ins Internet für jedermann zur Einsicht oder zum Abruf bereit gehalten werden,
hilfsweise,
die vorgenannten Daten zu sperren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Die Klägerin werde in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die beanstandeten Veröffentlichungen ihres Namens und ihres Status im elektronischen Amtsblatt der Beklagten nicht verletzt. Die Beklagte sei dazu ermächtigt, entsprechende Dienstnachrichten im Amtblatt und damit auch im elektronischen Amtsblatt zu veröffentlichen. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt ihres Eintritts in den Vikarsdienst und späteren Pfarrdienst wie auch beim Wechsel in den Schuldienst davon Kenntnis gehabt, dass eine Veröffentlichung diesbezüglicher Daten im Amtsblatt vorgenommen werde. Mithin umfassten auch die dienstrechtlichen Loyalitätspflichten der Klägerin gegenüber der Beklagten die Duldung der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Daten. Letztlich sprächen auch übergeordnete und gewichtige Gründe für die Veröffentlichung dieser Daten. Grundlage des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bildeten die staatlichen Vorschriften des Artikel 2 Abs.1 i. V. m. Artikel 1 Grundgesetz (GG). Aufgrund der in Artikel 140 GG i. V. m. Artikel 137 Weimarer Reichsverfassung verbrieften Selbstverwaltungsrechte fänden die vorgenannten Rechte im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin keine unmittelbare Anwendung. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung stelle ein Abwehrrecht des Einzelnen (nur) gegenüber dem Staat dar. Allenfalls die Grundsätze des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung könnten übertragen werden, dafür spreche auch die Entwicklung eines eigenen Datenschutzrechtes innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland. Das Datenschutzgesetz der EKD stelle die nähere Ausgestaltung der oben genannten Grundsätze und Rahmenbedingungen für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg dar. Dieses Datenschutzgesetz sehe in Anlehnung an die einschlägigen staatlichen Vorschriften grundsätzlich das Verbot der Veröffentlichung, Speicherung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten vor, es sei denn diese seien durch Rechtsvorschrift oder kraft Einwilligung erlaubt. In § 1 Abs. 5 Datenschutzgesetz EKD (DSG.EKD) sei geregelt, dass, soweit besondere Regelungen in anderen kirchlichen Rechtsvorschriften auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden seien, diese Vorschriften dem DSG.EKD vorgingen. Darüber hinaus sei in § 3 DSG.EKD geregelt, dass im Fall einer Ermächtigungsgrundlage ebenfalls eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten durch die Beklagte möglich sei. Die Beklagte sei zur Veröffentlichung der personenbezogenen Daten im Amtsblatt berechtigt. Eine entsprechende rechtliche Regelung bestehe für die Evangelische Landeskirche in Württemberg bereits seit dem 29. Januar 1855. Im ersten Amtsblatt vom 29. Januar 1855 (Abl. 1 S. 1) sei bekannt gemacht worden, dass durch die Synode mit der Genehmigung des staatlichen Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens beschlossen worden sei, sich für die Mitteilungen u. a. der namentlich genannten „Diensterledigungen“ (heute Dienstnachrichten) eines Amtsblatts zu bedienen. Zwischen diesem Amtsblatt und dem heutigen Amtsblatt der Evangelischen Landeskirche in Württemberg bestehe Fortführungsidentität. Darüber hinaus habe die Beklagte für den Pfarrdienst als Dienstverhältnis sui generis eigene weitergehende kirchliche Gesetze und Ordnungen erlassen. Nach § 1 Abs. 3 der Ordnung über die Einführung in kirchliche Dienste (Einführungsordnung) in Verbindung mit § 8 Württ. Pfarrergesetz heiße es, dass die Übernahme des Dienstes der „Pfarrer, Diakone und Lektoren“ rechtzeitig in geeigneter Weise „bekannt gemacht“ werde. Das (elektronische) Amtsblatt stelle hier auch nach Auffassung der Beklagten das geeignete Medium dar. Auch werde das Amtblatt an anderer Stelle zur Bekanntgabe von Nachrichten genutzt. Als Entsprechung zur Aufnahme des Pfarrers in den Dienst der Evangelischen Landeskirche in Württemberg müsse auch der Austritt aus dem kirchlichen Dienst bzw. der Wechsel in den Schuldienst an gleicher Stelle bekannt gemacht werden. Diese Veröffentlichungen hätten auch für die Zukunft Bedeutung und seien auch 10 Jahre nachdem das Ereignis stattgefunden habe noch von übergeordneter Bedeutung. Aus der Personalakte der Klägerin sei zu entnehmen, dass sie kontinuierlich von der Möglichkeit Gebrauch mache, sich auf Pfarrstellen zu bewerben. Darüber hinaus sei anhand der Veröffentlichungen im Amtsblatt eine historische Entwicklung im Bereich der Pfarrstellenbesetzung und der Ordination ablesbar. Das Amtsblatt stelle insoweit eine wichtige Informationsquelle dar. Auch könne es für die Klägerin nur hilfreich sein, wenn beispielsweise für die Mitglieder eines Kirchengemeinderats bei vakanter Pfarrstelle erkennbar sei, dass die Klägerin als potentielle Bewerberin ordiniertes Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Württemberg sei. Ungeachtet dessen, dass die Vorschriften des DSG.EKD als spezialgesetzliche Normen abschließenden Charakter bei der Beurteilung der Rechtslage hätten, wäre auch nach den übrigen Kriterien des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung kein Anspruch der Klägerin auf Löschung ihrer Daten nach § 7 DSG.EKD gegeben. Auch der Umfang der Veröffentlichung habe ausschließlich mit dem Dienstverhältnis der Klägerin zu tun, darüber hinausgehende personenbezogene Daten würden nicht zugänglich gemacht. Die Veröffentlichung habe damit auch aufgrund des besonderen Dienstverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten einen zulässigen Eingriff (vgl. § 8 Satz 2 Württ. Pfarrergesetz) dargestellt. Bei der Duldung der Veröffentlichung der Dienstnachrichten handele es sich um eine allgemeine Dienst- und Treuepflicht der betroffenen Pfarrerin nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Württ. Pfarrergesetz, welche aus deren Loyalitätspflichten erwachse. Selbst nach einem Ausscheiden aus dem besonderen Dienstverhältnis handele es sich bezüglich der Hinnahme der Veröffentlichungen noch um Nachwirkungen dieser Verpflichtung. Darüber hinaus hätten die veröffentlichten Informationen mit ihrem ausschließlichen dienstlichen Bezug auch noch nach dem Ausscheiden der Pfarrerin, selbst wenn dieses Jahrzehnte zurückliege, Bedeutung. Seitens der Beklagten und deren Untergliederungen sowie deren Gemeindeglieder und sonstiger Dritter bestehe ein hohes Interesse daran, an einer verbindlichen und einfach zugänglichen Stelle, vorliegend dem Amtsblatt, nachprüfen zu können, ob eine Person, die sich als in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ordinierte Gemeindepfarrerin ausgebe, auch tatsächlich ordiniert und auf eine Pfarrstelle ernannt sei. Es sei seitens der Pfarrerin zwar möglich, sich durch Vorlage einer Ernennungsurkunde auszuweisen, jedoch erfordere dies ein aktives Handeln der Pfarrerin und die Äußerung eines gewissen „Misstrauens“ der hinterfragenden Person. Auch für die staatlichen Behörden und etwaige Vertragspartner der Kirchengemeinden ergäben sich wegen der Vertretungsmacht des geschäftsführenden Pfarrers bzw. der geschäftsführenden Pfarrerin in der jeweiligen Kirchengemeinde nach § 24 Abs. 4 Kirchengemeindeordnung (KGO) berechtigte Interessen, schnell und unkompliziert feststellen zu können, ob eine Pfarrerin tatsächlich Vertretungsberechtigte der benannten Kirche sei. Das Amtsblatt nehme hier auch ähnliche Funktionen wie der Staatsanzeiger oder das Handelsregister wahr. Nach den Regelungen der Taufordnung, der Konfirmationsordnung, der Trauordnung oder der Bestattungsordnung solle eine Taufe, Trauung, Bestattung, oder Konfirmation in aller Regel durch eine ordinierte Geistliche oder einen ordinierten Geistlichen durchgeführt werden. Ob diese Voraussetzung vorliege, könne ein Gemeindeglied nur über das frei zugängliche Amtsblatt herausfinden. Auch sei die Veröffentlichung der Amtsblätter und damit der Dienstnachrichten im weltweit zugänglichen Internet zu Recht erfolgt. Die Beklagte habe insoweit ein berechtigtes Interesse, nachdem es sich beim Internet um ein ergänzendes und zwischenzeitlich anerkanntes und flächendeckend verwendetes Medium handele, welches durch die Beklagte für die „erforderliche Bekanntmachung“ seit geraumer Zeit mit verwendet werde. Zunehmend werde über das Internet kommuniziert, so dass eine Veröffentlichung der gesuchten Daten im Internet überaus sinnvoll erscheine. Das Internet stelle also die zeitgemäße Veröffentlichungs- und Bekanntmachungsform und damit die im Gesetz vorgesehene „geeignete Weise der Bekanntmachung“ dar. Die Beklagte bediene sich hier der elektronischen Form der Bekanntgabe ähnlich wie zum Beispiel der Bund durch den elektronischen Bundesanzeiger oder wie es durch das elektronische Unternehmens- und Handelsregister geschehe. Die Klägerin habe im Rahmen ihrer Dienstpflichten auch die Veröffentlichung der Daten im Internet zu dulden. Auch bestünden bezüglich der im Amtsblatt veröffentlichten Mitteilungen keinerlei Urheberrechte, so dass jedermann zur Weitergabe und Veröffentlichung des Inhalts der Amtsblätter – auch im Internet – berechtigt wäre. Ein besonderer Schutz könne daher nicht gegeben sein. Auf die einschlägige Rechtsprechung zu den Telefonbüchern im Internet oder auf CD-ROM wäre zu verweisen. Ob die Klägerin tatsächlich noch Belästigungen durch „Stalking“ ausgesetzt sei, entziehe sich der Kenntnis der Beklagten. Die Beklagte hoffe jedoch, dass die Klägerin aufgrund der neuen Rechtsvorschriften im Strafgesetzbuch zukünftig in akuten Fällen bei den staatlichen Strafverfolgungsbehörden Gehör und Schutz finde. Aufgrund der berechtigten Veröffentlichungen der Dienstnachrichten im Amtsblatt wie auch in der elektronischen Fassung des Amtsblattes bestehe seitens der Klägerin kein Anspruch auf Schwärzung der Dienstnachrichten. Eine Anspruchsgrundlage sei nicht vorhanden. Die Klägerin habe sich zum Zeitpunkt der Vornahme der Eintragungen im Dienst der Beklagten befunden und habe daher auch die oben genannten Pflichten aus dem Dienstverhältnis zu erfüllen. Auch der Umstand, dass die Klägerin nunmehr durch das Land Baden-Württemberg alimentiert werde, ändere hieran nichts. Die Klägerin übe des Weiteren, indem sie Religionsunterricht für die Beklagte erteile, weiterhin einen Dienst der Beklagten aus (vgl. Artikel 12 Abs. 2, 18 Landesverfassung Baden-Württemberg, Art. 5 und 8 Abs. 2 und 3 Evang. Staatskirchenvertrag Baden-Württemberg - EvKiVBW). Die von der Klägerin vorgetragenen Nachteile bei Bewerbungen seien nicht nachvollziehbar. Vorurteile von Dritten seien der Beklagten nicht zuzurechnen. Im Falle eines Stellenwechsels stünden gemeinhin Ausbildung, Lebenslauf und die letzten Beurteilungen des Bewerbers im Vordergrund. Soweit die Klägerin ihren neuen Dienstvorgesetzten entsprechende Unterlagen vorlege, würden diese stets in Kenntnis über den beruflichen Werdegang der Klägerin sein. Auch zeige § 8 Abs. 3 EvKiVBW die große Bedeutung der Pfarrerinnen und Pfarrer für den Religionsunterricht in Schulen des Landes Baden-Württemberg. Durch die wörtliche Nennung der Pfarrerinnen und Pfarrer im Staatskirchenvertrag bestehe rechtlich sogar ein Vorteil für die Klägerin als ordinierte Pfarrerin. Im Übrigen beschäftige der Staat seit mehreren Jahrzehnten eine gleich bleibende Anzahl von Pfarrerinnen und Pfarrer im Schuldienst, deren Anzahl nicht in Korrelation zur Anzahl der beschäftigten Religionspädagogen stehe. Die gegen die Klägerin aus dem Kollegenumfeld erhobenen Vorwürfe seien daher auch objektiv unrichtig. Unqualifizierte Vorwürfe seien bedauerlich, änderten aber nichts an der Berechtigung der Beklagten zur Veröffentlichung der Dienstnachrichten im Amtsblatt. Ein Nachteil aus den Veröffentlichungen der Dienstnachrichten sei auch im Fall innerkirchlicher Bewerbungen nicht gegeben. Der Vortrag der Klägerin, sie sei niemals öffentlich als Pfarrerin investiert worden, sei für die vorliegenden Rechtsfragen unerheblich. Er spreche im Übrigen sogar deutlich dafür, zumindest im dafür vorgesehenen Amtsblatt eine entsprechende Veröffentlichung der Ordination vorzunehmen. Eine angebliche Datenschutzverletzung durch den Pfarrverein, also von Dritten, könne nicht zu Lasten der Beklagten geltend gemacht werden.
Der Beauftragte für Datenschutz der Evangelischen Landeskirche in Württemberg hat gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 8. Dezember 2008 unter anderem folgende Stellungnahme abgegeben: Der Evangelische Oberkirchenrat in Stuttgart als Herausgeber des Amtsblattes sei berechtigt, Angaben dazu, welche Pfarrerinnen und Pfarrer wo welche Dienstaufträge wahrnehmen würden, im Amtsblatt zu veröffentlichen. Dieses Amtsblatt sei öffentlich. Jedermann könne dieses Amtsblatt beziehen. Der Herausgeber könne das Amtsblatt auch als PDF-Variante ins Internet stellen. Damit sei zwangläufig verbunden, dass durch die Zusammenstellung aller Informationen zu einer bestimmten Person auch die zeitliche Abfolge von Dienstaufträgen erhoben und auch der aktuelle Dienstauftrag recherchiert werden könne. Dies sei mittels der ins Internet eingestellten PDF-Dateien besonders einfach möglich. Auch sei zu bedenken, dass das Internet „nichts vergisst“. Dies stelle zweifelsohne eine Belastung der betroffenen Person dar. Allerdings werde in dieser Weise nur bei „öffentlichen“ Personen verfahren, die im Bereich der Landeskirche Dienst tun, dazu gehörten auch Pfarrerinnen und Pfarrer. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sei nicht schrankenlos, sondern könne im Interesse der „kirchlichen“ Allgemeinheit durch vorrangige Rechtsbestimmungen eingeschränkt werden. Soweit eine Rechtsgrundlage vorhanden sei, könne auch ohne Einwilligung eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten und damit eine Veröffentlichung vorgenommen werden. Die gegenwärtige Rechtslage lasse die Veröffentlichung von Angaben zu Dienstaufträgen im Amtsblatt und die elektronische Bereitstellung auch von zurückliegenden Amtsblättern im Internet zu. Aufgrund der genannten Belastung spreche er sich dafür aus, dass in der Internetvariante des Amtsblattes auf die Bekanntgabe von Dienstaufträgen verzichtet werde. Für vertretbar halte er, dass im Zuge des Aufbaus des Dienstleistungsportals als landeskirchliches Intranet dort die elektronische Form des Amtsblattes voll umfänglich veröffentlicht werde. Diese Einstellung ändere allerdings nichts an der bestehenden Rechtslage.
Hinsichtlich der Veröffentlichung von Amtsblättern und ähnlichem im Internet verfahren andere Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland unterschiedlich. So stellt beispielsweise die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ihr Amtsblatt aus Datenschutzgründen ohne Personalnachrichten ins Internet; im Intranet der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau ist das Amtsblatt jedoch mit Personalnachrichten einsehbar.
Dem Gericht haben die in der Sache angefallenen Akten des Oberkirchenrats vorgelegen. Auf sie und auf die Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
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Gründe:

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Insbesondere ist die auch bei einer Leistungsklage in analoger Anwendung von § 10 Abs. 2 Kirchliches Verwaltungsgerichtsgesetz – KVwGG – erforderliche Klagebefugnis gegeben. Es besteht die Möglichkeit, dass die Klägerin durch die Unterlassung der begehrten Löschung von Daten in ihrem durch § 1 Abs. 1 des Kirchengesetzes über den Datenschutz der Evangelischen Kirche in Deutschland (DSG.EKD) vor Beeinträchtigungen durch die Beklagte geschützten Persönlichkeitsrecht verletzt wird.
Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist gemäß § 16 Abs. 2 Ziff. 1 DSG.EKD verpflichtet, die auf die Klägerin persönlich bezogenen Daten zu löschen, welche von der Beklagten (oder in deren Auftrag) durch Einstellen des Amtsblattes ins Internet für jedermann zur Einsicht oder zum Abruf bereit gehalten werden. Dieser Pflicht korrespondiert ein unabdingbares Recht der Klägerin auf Löschung (vgl. § 7 Abs. 1 DSG.EKD).
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Das DSG.EKD ist, soweit entscheidungserheblich, hier anzuwenden.
Denn § 1 Abs. 5 DSG.EKD bestimmt zwar, dass besondere Regelungen in anderen kirchlichen Rechtsvorschriften, soweit sie auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind, den Vorschriften dieses Kirchengesetzes vorgehen. Diese Bestimmung ist § 1 Abs. 3 Bundesdatenschutzgesetz nachgebildet. Die Verdrängung des Datenschutzgesetzes findet danach aber nur in dem Umfang statt, in dem nach einem genauen inhaltlichen Vergleich eine abweichende Regelung für den exakt gleichen Sachverhalt vorliegt, wobei in der Regel diese Überschneidung nur für einzelne Phasen der Datenverarbeitung oder -nutzung oder für einzelne Individualrechte gegeben ist (vgl. Spiros Simitis, Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 6. Aufl. 2006, § 1 Nr. 170 und Herbert Claessen, Datenschutz in der Evangelischen Kirche, 1995, Erläuterungen zu § 1 Abs. 5).
Gemäß § 16 Abs. 2 Ziff. 1 DSG.EKD sind personenbezogene Daten, die automatisiert verarbeitet oder in nichtautomatisierten Dateien gespeichert sind, u. a. dann, wenn ihre Speicherung unzulässig ist, zu löschen.
Die Beklagte speichert personenbezogene Daten der Klägerin, die automatisiert verarbeitet sind.
Verarbeiten durch Speichern ist gemäß § 2 Abs. 4 Ziff. 1 DSG.EKD das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren personenbezogener Daten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung. Dabei setzt der Begriff „Speichern“ nicht voraus, dass die Daten noch nicht in gespeicherter Form vorliegen. Zwar sind auf ein rein technisch bedingtes Umspeichern die Zulässigkeitstatbestände nicht anzuwenden, es entspricht jedoch dem Schutzbedürfnis des Betroffenen, einen erlaubnisbedürftigen Speichervorgang anzunehmen, wenn der Verwendungszusammenhang geändert oder die Verfügbarkeit der Daten durch die neue Speicherung erhöht wird (vgl. Simitis, a.a.O., § 3 Nr. 117).
Das Bereithalten des vollständigen Amtsblatts im PDF-Format gerade im Internet für den Zugriff durch Jedermann zur Einsicht oder zum Abruf stellt deshalb ein rechtlich gesondert zu beurteilendes Speichern personenbezogener Daten dar.
Diese Speicherung ist gemäß § 24 Abs. 2 DSG.EKD unzulässig.
Die Sonderregelung des § 24 DSG.EKD, der die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung speziell bei Dienst- und Arbeitsverhältnissen regelt, ist gegenwärtig noch unmittelbar für die Klägerin anzuwenden, ohne dass es der Prüfung etwaiger Nachwirkungen eines früheren Dienstverhältnisses bedarf. Denn insoweit macht die Beklagte unter Hinweis auf Artikel 12 Abs. 2, 18 Landesverfassung Baden-Württemberg und Artikel 5 und 8 Abs. 2 und 3 Evangelischer Staatkirchenvertrag Baden-Württemberg selbst zu Recht geltend, dass die Klägerin, indem sie Religionsunterricht für die Beklagte erteilt, weiterhin einen Dienst der Beklagten ausübt. Der Gesetzeszweck, das Persönlichkeitsrechts beim Umgang mit Daten umfassend zu schützen, rechtfertigt eine extensive Auslegung des Begriffes der Beschäftigten kirchlicher Stellen in § 24 DSG.EKD, wie auch in einem weiten Sinn beispielsweise alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die hauptberuflich, nebenberuflich, oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, erfasst werden und selbst die ehrenamtlichen Mitarbeiter einzubeziehen sind (vgl. Claessen, Datenschutz in der Evangelischen Kirche, 1995, Erläuterungen zu § 24 Abs. 1).
§ 24 Abs. 2 DSG.EKD bestimmt:
Eine Übermittlung der Daten von Beschäftigten an Stellen außerhalb des kirchlichen Bereichs ist nur zulässig, wenn kirchliche Interessen nicht entgegenstehen und
  1. die empfangende Stelle ein überwiegendes rechtliches Interesse darlegt,
  2. Art oder Zielsetzung der dem oder der Beschäftigten übertragenen Aufgaben die Übermittlung erfordert oder
  3. offensichtlich ist, dass die Übermittlung im Interesse der betroffenen Person liegt und keine Anhaltspunkte vorliegen, dass sie in Kenntnis des Übermittlungszwecks ihre Einwilligung nicht erteilen würde.
Danach ist die Übermittlung von personenbezogenen Daten der Klägerin durch Zugriff beliebiger Personen auf das offen zugänglich ins Internet eingestellte Amtsblatt unzulässig.
Denn weder legen diese beliebigen Dritten jeweils ein überwiegendes rechtliches Interesse dar, noch ist offensichtlich, dass die Übermittlung im Interesse der Klägerin liegt (und es liegen erst recht Anhaltspunkte dafür vor, dass sie ihre Einwilligung nicht erteilen will), vor allem aber erfordern Art oder Zielsetzung der der Klägerin seinerzeit übertragenen Aufgaben die Übermittlung nicht.
Dabei ist der Begriff der „Erforderlichkeit“ ein unbestimmter Rechtsbegriff, der aber keinen spezifischen Beurteilungsspielraum enthält, sondern der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Bei seiner Auslegung ist ein strenger Maßstab anzulegen, denn es gilt zu beachten, dass das Datenschutzgesetz von dem Grundsatz geprägt ist, dass Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung grundsätzlich verboten sind. Es kommt insbesondere darauf an, ob die kirchliche Stelle ihre Aufgaben sonst nicht, nicht vollständig oder nicht rechtmäßig erfüllen kann (vgl. Simitis, a.a.O., § 13 Nr. 25 und 26 für öffentliche Stellen). Es ist von der Beklagten nicht dargelegt oder sonst ersichtlich, dass die der Klägerin seinerzeit übertragenen pfarramtlichen Aufgaben auch in Anbetracht dieses strengen Datenschutzmaßstabes die Übermittlung personenbezogener Daten gerade an weltweit Jedermann erforderten und erfordern.
Gegenstand des Rechtsstreits ist hier allerdings schon das Speichern von Daten, das dem Übermitteln vorausgeht. Gemäß § 2 Abs. 4 Ziff. 3 DSG.EKD liegt ein Übermitteln im Rechtssinn (erst dann) vor, wenn die Daten an Dritte in der Weise bekannt gegeben werden, dass sie a) (tatsächlich) weitergegeben werden oder b) dass Dritte zur Einsicht oder zum Abruf bereitgehaltene Daten (tatsächlich) einsehen oder abrufen.
Das Übermittlungsverbot macht aber auch das vorausgehende Speichern schon unzulässig. Denn entscheidend für den Speicherungsbegriff ist der Zweck der weiteren Verarbeitung oder Nutzung, da nicht die Existenz der Daten, sondern erst ihre drohende Verwendung die Belange der Betroffenen tangiert (vgl. Simitis, a.a.O., § 3 Nr. 120). Wenn, wie hier, die Verfolgung des Zweckes - die Übermittlung als einer Unterart der Datenverarbeitung - unzulässig ist, ist damit auch das Speichern gerade zu diesem Zwecke unzulässig.
Nachdem hier schon wegen § 24 Abs. 2 DSG.EKD die Übermittlung und die diesem Zwecke dienende Speicherung unzulässig sind, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung über die weiteren Bedenken gegen die streitgegenständliche Speicherung auf Grund von § 24 Abs. 1 DSG.EKD. Nach dieser Norm dürfen die kirchlichen Stellen Daten ihrer Beschäftigten, Bewerber und Bewerberinnen nur erheben, verarbeiten oder nutzen, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Beschäftigungsverhältnisses oder zur Durchführung organisatorischer, personeller und sozialer Maßnahmen, insbesondere auch zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienstvereinbarung dies vorsieht.
Die angegriffene Speicherung ist auch nicht auf Grund des Umstandes zulässig, dass die streitgegenständlichen Daten schon im Amtsblatt veröffentlicht worden sind.
Das Bundesdatenschutzgesetz regelt in seinem zweiten Abschnitt die Datenverarbeitung der öffentlichen Stellen und in seinem dritten Abschnitt die Datenverarbeitung nichtöffentlicher Stellen (und öffentlich rechtlicher Wettbewerbsunternehmen) in unterschiedlicher Weise. Für allgemein zugängliche oder veröffentlichungsfähige Daten wird der Datenumgang zwar erleichtert, aber für beide Bereiche in verschiedenem Maße. In beiden Bereichen wird die grundsätzliche Bindung an einen ursprünglichen Datenerhebungszweck gelockert (§ 14 Abs. 2 Ziff. 5 Bundesdatenschutzgesetz einerseits und § 28 Abs. 1 Nr. 3, 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 u. a. Bundesdatenschutzgesetz anderseits). Im öffentlichen Bereich bleibt die Privilegierung jedoch auf diese Lockerung der Zweckbindung begrenzt. Nur für den nichtöffentlichen Bereich wird darüber hinaus die Datenverarbeitung und -nutzung schon allein aufgrund des besonderen Status der Daten - als allgemein zugänglich oder veröffentlichungsfähig - für zulässig erklärt(vgl. Simitis a.a.O., § 14 Nr. 69).
Das Datenschutzgesetz EKD regelt die Datenverarbeitung und -nutzung durch kirchliche Stellen insoweit vergleichbar zur Regelung des Bundesdatenschutzgesetzes für den öffentlichen Bereich. Allein die Lockerung der Zweckbindung wird in (der ohnehin grundsätzlich hinter der speziellen Bestimmung des § 24 DSG.EKD zurücktretenden allgemeineren Norm des) § 5 Abs. 2 DSG.EKD geregelt. Danach ist das Speichern, Verändern oder Nutzen für andere Zwecke (als die, für die die Daten erhoben worden sind,) nur zulässig, wenn … 6. die die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können oder die verantwortliche kirchliche Stelle sie veröffentlichen dürfte, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Zweckänderung offensichtlich überwiegt … . Das Gesetz befreit hier lediglich von der ursprünglichen Zweckbindung, ändert jedoch nicht das Geringste an dem Erfordernis der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung (vgl. Simitis a.a.O., § 14 Nr. 69). Eine allgemeine Freigabe der Datenverarbeitung und -nutzung allein aufgrund des besonderen Status der Daten, also ihrer allgemeinen Zugänglichkeit, erfolgt für kirchliche Stellen sowenig wie für staatliche öffentliche Stellen.
Eine weitere Privilegierung für Datenbestände, die jedermann, sei es ohne oder nach besonderer Zulassung, zur Benutzung offen stehen, enthält § 10 Abs. 5 DSG.EKD. Diese werden jedoch nur von den Verfahrensanforderungen des § 10 Abs. 1 bis 4 DSG.EKD für automatisierte Abrufverfahren ausgenommen. Eine materielle Regelung, unter welchen Voraussetzungen personenbezogene Daten allgemein zugänglich gemacht werden dürfen, ist damit nicht verbunden (vgl. Simitis, a.a.O., § 10 Nr. 122).
Eine Einwilligung der Klägerin in die streitgegenständliche Speicherung ihrer Daten liegt schon nicht vor (vgl. hierzu § 3 DSG.EKD). Es bedarf deshalb keiner Vertiefung der Frage, ob eine solche Einwilligung neben § 24 DSG.EKD die Speicherung überhaupt zulässig machen könnte (vgl. auch Simitis, a.a.O., § 4a Nr. 16 ff zu grundsätzlichen Bedenken für den Bereich öffentlicher Aufgabenerfüllung). Erst recht können die speziellen Datenschutzbestimmungen nicht durch die Konstruktion einer nicht ausdrücklich gesetzlich geregelten Duldungspflicht unterlaufen werden.
Gemäß § 16 Abs. 2 DSG.EKD sind die unzulässig gespeicherten Daten von Amts wegen zu löschen. Mit dieser Verpflichtung korrespondiert wie oben ausgeführt ein Anspruch der Klägerin.
Nachdem die Klage aus den oben angegebenen Gründen Erfolg hat, kann dahingestellt bleiben, ob bei der Klägerin eine besondere persönliche Situation im Sinne von § 16 Abs. 4a DSG.EKD vorliegt, die einen Löschungsanspruch auch aus individuellen Gründen begründen würde.
Zur Klarstellung wird noch auf Folgendes hingewiesen: Gegenstand des Rechtstreites ist allein das Datenspeichern durch Einstellen des Amtsblattes ins Internet zur Einsicht oder zum Abruf durch Jedermann. Ob und in welcher Weise im Einzelnen eine Datenspeicherung und Übermittlung über ein zugangsbeschränktes Intranet den einschlägigen Anforderungen des Datenschutzgesetzes der EKD (insbesondere nach § 24 Abs. 1 und 2 und auch nach § 10) entspricht, bedarf gegebenenfalls noch einer eingehenden Prüfung, die aber zunächst nicht Sache des Gerichts ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 89 Abs. 1 KVwGG.